Crashkurs: Fahrzeugphysik

Für die zielgerichtete Auslegung eines elektrischen Powertrains, hier am Beispiel eines Elektrozweirades, ist die Berücksichtigung fahrzeugphysikalischer Zusammenhänge unerlässlich.

Häufig sind elektrische Fahrzeuge Umbauten oder Erweiterungen konventioneller Fahrzeugtypen, so dass wesentliche Parameter wie Gewicht, Stirnfläche und Luftwiderstandsbeiwert bereits vorliegen. Durch Einbau eines Elektroantriebes und eines Batteriepaketes ergeben sich neue Fahrzeugleistungsdaten, die sich auf Fahrzeuggeschwindigkeit und Fahrzeugreichweite auswirken.

Die Berechnung der maximal erzielbaren Endgeschwindigkeit bei Windstille in der Ebene ist sehr einfach. Diese Geschwindigkeit wird stets dann erreicht, wenn die Antriebskraft des Fahrzeuges und der Fahrwiderstand sich die Waage halten.

Der Fahrwiderstand setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Dem Rollwiderstand durch das Abrollen der Reifen auf der Fahrbahn und dem Luftwiderstand durch die Verdrängung der Luft vor dem Fahrzeug während der Fahrt.

Der Rollwiderstand F.RO ergibt sich als Produkt von Rollwiderstandszahl f , Fahrzeugmasse m und Erdbeschleunigung g:

F.RO = f*m*g

Typische Rollwiderstandszahlen für gut gefüllte Luftreifen liegen zwischen 0,015 bei Asphalt und 0,05 auf unbefestigten Erdwegen.

Der Luftwiderstand F.LU ergibt sich aus dem cW-Wert, also dem Luftwiderstandsbeiwert, des Fahrzeuges, der Fahrzeugstirnfläche A, der Luftdichte Rho und der Fahrzeuggeschwindigkeit V aus

F.LU = 0.5*Rho*cW*A*V^2

Typische cW-Luftwiderstandsbeiwerte liegen z.B. bei Fahrrädern zwischen 1,2 (Tourenrad) und 0,8 bei handelsüblichen Rennrädern.

Für die Luftdichte Rho kann auf Meereshöhe und bei 20°C ein Wert von 1,2 kg/m³ angenommen werden. Typische Stirnflächen A liegen bei Fahrrädern zwischen 0.4m² (Rennrad) und 0.6m² (Tourenrad).

Die Höchstgeschwindigkeit wird erreicht, wenn sich Antriebskraft des Fahrzeuges und Fahrwiderstand die Waage halten. Die erforderliche Antriebskraft für das Erreichen der Geschwindigkeit V ist also die Summe aus Luftwiderstand und Rollwiderstand:

F_Antrieb=F.LU+F.RO

Gebräuchlicher ist in der Fahrzeugtechnik der Begriff der Antriebsleistung. Die Antriebsleistung P.Antrieb ergibt sich als Produkt von Antriebskraft und Fahrgeschwindigkeit

P_Antrieb = (F.LU + F.RO)*V

Ein Beispiel:

Es treten an: Max (45 Jahre, 84kg) und sein Touren- E-bike (6 Wochen, 18kg) mit dem Ziel, die 20 km Strecke auf dem Deich zwischen Hörnum und Westerland in einer Stunde, also mit 20km/h, zu radeln. Zusammen bringen sie einen cW Wert von 1,2 und eine Stirnfläche von 0.6m² und 102kg auf die Waage. Rollwiderstandszahl auf dem Deich ist 0,05 und ausnahmsweise ist es windstill 😉

Wie sehr müssen sich die beiden anstrengen?

Der Einfachheit halber rechnen wir mit SI-Einheiten: 20km/h entsprechen dann 5.6m/s

Rollwiderstand, na klar, liegt bei 102kg * 9,81 kg*m/s² * 0,05 = 50N

Luftwiderstand ebenso bei 0.5*1.2kg/m³*1,2*0.6m²*(5,6m/s)^2= 13,5N

Der gesamte Fahrwiderstand ist dann die Summe, also 63,5N

Die Antriebsleistung ist das Produkt aus Fahrwiderstand und Geschwindigkeit,

also 63,5N*5,6m/s = 355,6 N*m/s = 355,60 Watt.

Max schafft das ohne Hilfe nicht. Untrainiert wie er ist, tritt er grade mal 150 Watt.
Die verbleibenden 205,60 Watt muss der Elektromotor beisteuern, sonst kommen die beiden zu spät.

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